Schriften und Beschriftungen
Historische Schriften und Beschriftungen, Schriftarten und vor allem Schreib- und Handschriften stellen oft eine ganz besondere Herausforderung für eine moderne Filmproduktion dar. Insbesondere gilt das für alte und vor allem für alte deutsche Schreibschriften. Eine genaue Kenntnis der verschiedensten Schreib- und Druckschriften in ihren jeweiligen Epochen und Regionen ist dabei ebenso unverzichtbar wie ein fundiertes Wissen über die Schreibmittel und die Beschreibstoffe.
In einer Szene des Vierteilers „Levi Strauss und der Stoff der Träume“ (2025) von Neele Leana Vollmar öffnet der Titelheld einen Brief aus Washington, die Ablehnung seines Patentantrags für eine Jeanshose mit Nieten. Dieser Patentantrag ist ein Faksimile von formal und inhaltlich höchster Qualität. Das Papier ist fest und dick, ein wenig gelber als unser heutiges Schreibpapier, aber es ist nicht vergilbt, sondern neuwertig. Da die Schreibmaschine erst in den 1880er Jahren eingeführt wurde, ist das Schreiben korrekt handschriftlich. Auch entspricht die Handschrift den in dieser Zeit in Amerika gebräuchlichen Schriften, und sie ist sauber und akkurat. Im unteren Bereich befindet sich ein Vordruck des Antragsformulars, und das Formular trägt einen roten Ablehnungsstempel sowie drei Unterschriften. Das Papier ist glatt und nicht zerknittert, und all das sieht wohl weitgehend ziemlich ganz genau so aus, wie das Formular, das Levi Strauss in den frühen 1870er Jahren tatsächlich in seinen Händen gehalten hat.


Lediglich Levis Strauss‘ Unterschrift sah ein wenig anders aus, nämlich so, wie sie hier abgebildet ist. Die Unterschrift auf dem im Film gezeigten Patentantrag unten links hingegen ist eine Mischung aus lateinischen Buchstaben und einer – zudem nicht ganz korrekten – Sütterlinschrift, einer ebenfalls deutschen Schreibschrift, die zwar auf der Kurrent basiert, aber erst im frühen 20. Jahrhundert eingeführt wurde.
Die korrekte Ausführung historischer Handschriften
In einigen Szenen des gleichen Films findet sich ein handgeschriebenes Schild mit der Aufschrift „Closed“ in Kurrent, einer Schreibschrift, wie sie in Deutschland durch das ganze 19. Jahrhundert hindurch gebräuchlich war, und die Levi Strauss auch nach seiner Übersiedlung in die Vereinigten Staaten durchaus noch hätte verwenden können.


Kaum jemand ist heute noch mit alten deutschen Schreibschriften vertraut. Ansonsten wäre sicherlich aufgefallen, dass dem s in der Wortmitte die Unterlänge fehlt. Zudem gleicht das kleine e weit mehr einem kleinen n. Das Abmalen der Buchstaben ohne ihre Kenntnis lässt Fehler entstehen, die sich bei einer sachkundigen Beratung vermeiden lassen können.
Die richtige Sprache am richtigen Ort
Im „Krieg der Träume 1918-1939“ findet sich folgende Szene: Marina Yurlowa klopft im September 1918 im Zug von Omsk nach Wladiwostok an die Toilettentür. An der Tür befindet sich ein Schild mit der deutschen Aufschrift „W.C.“. Korrekterweise müsste auf dem Schild stattdessen auf Russisch und in kyrillischer Schrift stehen: „Туалет“.

